Corona: NRW spannt Rettungsschirm über Kommunen
Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen stehen angesichts der Bewältigung und zugleich der direkten und indirekten Auswirkungen der COVID-19-Pandemie vor immensen Herausforderungen: Gewerbesteuerstundungen, direkte und indirekte Einzahlungs- und Ertragsausfälle bei gleichzeitig höheren Aufwendungen und Auszahlungen sowie Weiterzahlungen an soziale Einrichtungen, damit die dort Beschäftigten und die Einrichtungen auch in dieser schwierigen Zeit gesichert werden können.
Das Landeskabinett hat daher am 31. März 2020 beschlossen, ein „Kommunalschutz-Paket des Landes Nordrhein-Westfalen im Zuge der COVID-19-Pandemie“ zu erarbeiten, um damit die kommunalen Strukturen für die Zukunft abzusichern.
In der aktuellen Situation ist es erforderlich, die bestehenden und neuen Möglichkeiten zu nutzen, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie für die kommunale Ebene zu begrenzen.
Denn: „Die Gemeinden sind die Grundlage des demokratischen Staatsaufbaues. Sie fördern das Wohl der Einwohner in freier Selbstverwaltung durch ihre von der Bürgerschaft gewählten Organe. Sie handeln zugleich in Verantwortung für die zukünftigen Generationen.“ So steht es in der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen und so ist es.
Ich bin Ihnen dankbar, dass wir dabei eng mit Ihnen als Abgeordnete des nordrhein-westfälischen Landtages zusammenarbeiten. Gemeinsam haben wir begonnen, ein Sicherheitsnetz für Arbeitsplätze und Unternehmen aufzuspannen. Nun gilt es, in den Schutz für unsere Kommunen einzusteigen. Zu den Eckpunkten des heutigen Kabinettbeschlusses:
Die corona-bedingten Finanzschäden in den Haushalten der Gemeinden und Gemeindeverbände sollen durch Veränderungen im kommunalen Haushaltsrecht isoliert werden.
Kern der Isolationsmaßnahme soll eine Aktivierung der Finanzschäden im Wege einer Bilanzierungshilfe sein, die nach erster Aktivierung im Jahr 2020 erstmals 2025 linear über 50 Jahre in die Ergebnisrechnungen abgeschrieben werden soll. Mit den corona-bedingten Finanzschäden korrespondierende Kreditaufnahmen sollen als Verbindlichkeiten für Investitionen passiviert werden können. Die Tilgung der neu aufgenommenen Kreditmittel erfolgt konjunkturgerecht innerhalb von 50 Jahren.
Damit soll im Kern das Vorgehen der haushaltsrechtlichen Isolation der corona-bedingten Finanzschäden, die auf der Ebene des Landes über den Nachtragshaushalt 2020 erzielt wurde, auf die kommunale Ebene gespiegelt werden.
Mit dem Stärkungspaktgesetz vom 9. Dezember 2011 und dem Stärkungspaktfondsgesetz vom 28. November 2012 sind Gemeinden in einer besonders schwierigen Haushaltssituation Konsolidierungshilfen mit dem Ziel zur Verfügung gestellt worden, den nachhaltigen Haushaltsausgleich zu ermöglichen. Um dieses Ziel zu erreichen sind diese Kommunen gleichzeitig auf der Grundlage des Stärkungspaktgesetzes einer besonderen Aufsicht unterstellt worden. Zum Stand 31. Dezember 2018 habe die Stärkungspaktkommunen die ihnen vom Gesetz vorgegebenen Konsolidierungsziele erreicht.
Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die pandemiebedingten haushaltswirtschaftlichen Folgen in Form erheblicher Ertragsrückgänge bei gleichzeitig steigenden Aufwendungen den fortbestehenden gesetzlichen Auftrag aus §1 Stärkungspaktgesetz, den am Stärkungspaktkommunen beteiligten Gemeinden den nachhaltigen Haushaltsausgleich zu ermöglichen, mindestens erheblich gefährden bzw. bei zahlreichen am Stärkungspakt beteiligten Kommunen unmöglich machen.
Das zu erwartende Ausmaß des konjunkturellen Einbruchs infolge der Pandemie und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die finanzwirtschaftliche Situation der Stärkungspaktkommunen macht es unmöglich, dass die betroffenen Gemeinden ausschließlich durch eigene, über die bereits erfolgten erheblichen Konsolidierungsmaßnahmen hinausgehende Anpassungen ihrer Haushaltssanierungspläne in ausreichender Weise gegensteuern können.
Notwendig und unerlässlich sind deshalb in einem ersten Schritt zusätzliche ergänzende Hilfen, um das Ziel des Stärkungspakts trotz der negativen Folgen der Pandemie entweder noch zu erreichen, zumindest aber die in den vergangenen Jahren unstreitig erreichten Konsolidierungserfolge nicht gänzlich aufgeben zu müssen. Auch soll hierdurch vermieden werden, dass die Kommunen in eine Lage geraten, wie sie im Jahr 2011 die sofortige Schaffung des Stärkungspaktes erforderlich machte.
Aus diesem Grund soll ein „Sonderhilfengesetzes Stärkungspakt“ erarbeitet werden, um die am Stärkungspakt teilnehmenden Kommunen über zusätzliche Zuwendungen aus dem Stärkungspaktfonds, der nach aktuellem Stand über bislang nicht verplante Finanzmittel in Höhe von rund 343 Millionen Euro verfügt, finanziell zu entlasten und die Haushalte tragfähig zu halten.
Der Krediterlass des Landes Nordrhein-Westfalen erlaubt es Gemeinden und Gemeindeverbänden heute nur in einem begrenzten Rahmen, längerfristige Zinsvereinbarungen einzugehen.
Der Krediterlass des Landes Nordrhein-Westfalen soll derart zu ändern, dass für festverzinsliche Liquiditätskredite Laufzeitvereinbarungen von bis zu 50 Jahren getroffen werden dürfen.
Im weiteren Verlauf soll über die landeseigene Förderbank NRW.BANK dafür Sorge getragen werden, dass über diese die Sicherung der Versorgung der Kommunen mit Liquidität erfolgen kann.
Die Landesregierung prüft, ob und inwieweit im ersten Wege Gesellschaften, die Verkehrsinfrastrukturen (Flughäfen, Häfen, ÖPNV) besitzen oder betreiben und die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, sowie öffentliche Krankenhäuser über den NRW-Rettungsschirm Zugang zu Bürgschaften und günstigen Darlehenskonditionen unter Ausnutzung des europarechtlichen Beihilferahmens erhalten können. In diese Prüfung ist die landeseigene Förderbank NRW.BANK einzubeziehen.
Zugleich wird die Landesregierung auf der Bundesebene für eine entsprechende Öffnung des „Bundes-Rettungsschirmes“ eintreten.
Jetzt gilt es, den Kommunen Wege zu vergaberechtlichen Erleichterungen für die Beschaffungen für den Gesundheitsschutz, zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs der öffentlichen Verwaltung und für Planungs- und Bauleistungen zu ermöglichen. Über Erleichterungen im Vergaberecht kann die öffentliche Hand so Beschäftigung in der aktuell schwierigen Zeit sichern und Betriebe und Wirtschaftsbranchen schnell unterstützen.
Die Landesregierung wird an den Bund herantreten, um im EU-Oberschwellenbereich für eine Änderung und Harmonisierung von vergaberechtlichen Erleichterungen im Zusammenhang mit Förderbewilligungen aus Bund-Länder-Programmen einzutreten.
Ziel ist es, durch vergaberechtliche Erleichterungen in den gemeinsamen Investitionsprogrammen für ein zügiges „Wiederanfahren“ nach der COVID-19-Pandemie Sorge tragen zu können.
Die Landesregierung stellt fest, dass zur Bewältigung der direkten und indirekten Folgen der Corona-Krise auch corona-bedingte Finanzschäden der Gemeinden und Gemeindeverbändeeinen anteiligen Ausgleich aus dem NRW-Rettungsschirm erfahren können.
Noch in dieser Woche sollen die Gemeinden und Gemeindeverbände einen ersten umfassenden Erlass über aktuelle Maßnahmen und Vorgehensweisen im kommunalen Haushaltsrecht bekommen. In diesen Erlass sollen – sofern der Landtag Nordrhein-Westfalen über den Entwurf über ein „Gesetz zur konsequenten und solidarischen Bewältigung der COVID-19-Pandemie in Nordrhein-Westfalen und zur Anpassung des Landesrechts im Hinblick auf die Auswirkungen einer Pandemie“ positiv Beschluss fasst – auch die in dem Gesetzentwurf enthaltenen Veränderungen einfließen.