Unsere gefährdete Demokratie – Hattinger FDP bei Diskussion mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Unter dem Titel „Unsere gefährdete Demokratie!“ veröffentlichte die ehemalige Bundesjustizministerin und jetzige NRW-Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger 2021 ihr neues Buch. Dies nahm die Hattinger Bürgerinitiative „Ein KICK für Hattingen“ zum Anlass für eine bürgeroffene Diskussionsrunde mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Die FDP Hattingen war ebenfalls vor Ort.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die zunehmenden Versuche von Einschüchterung, Verleumdung oder gar körperlicher Gewalt gegen politisch und bürgerlich engagierte Menschen in der Gesellschaft. „Bei der Erstellung meines Buches wurde mir klar, wie weitgehend Hass und Gewalt gegenüber engagierten Menschen mittlerweile greift. Viele Kommunalpolitiker haben sich aufgrund von Erfahrungen mit Hass und Hetze zurückgezogen und beispielsweise auch ein Gespräch über diese Ereignisse abgelehnt“, so Leutheusser-Schnarrenberger.

Die Geschichte eines jüdischen Stadtrates in Bayern, Marian Offman, unterstreicht die aggressive Stimmung gegenüber Bürgerengagement. „Marian Offman war erster jüdischer Stadtrat für die CSU in Bayern. Was er jedoch in seiner Zeit als politisch aktiver Mensch erleben musste, ist unerträglich. Von antisemitischen Flugblättern aus der CSU, über antisemitische Briefe bis hin zu Todesdrohungen“, so die ehemalige Justizministerin. In seiner Zeit als Stadtrat hat Offman sich nicht einschüchtern lassen und hat weiterhin an Demonstrationen gegen Rechts teilgenommen. Er wolle sich nicht einschüchtern lassen und habe keine Angst. Leutheusser-Schnarrenberger ergänzt: „Im Zuge seines Engagements hat Offman immer wieder Anzeigen wegen Morddrohungen, Beleidigungen und Co. gestellt – bis heute wurde keine seiner Anzeigen umgesetzt.“

Eingebunden in den Diskurs zu Gewalt und Hass wurden ebenfalls die Hattinger Kommunalpolitiker. Die Ortsvorsitzende der FDP Hattingen, Anna Neumann, erläuterte: „Offen gestanden sind Hass und Hetze gegen Politiker keine Seltenheit. Mein Eindruck ist dabei, dass es starke Diskrepanz zwischen dem Internet und Äußerungen von Gesicht zu Gesicht gibt. Im Internet habe ich erst kürzlich wieder Morddrohungen und Hass erfahren, da ich einen Tagesschau Post zum Nahostkonflikt kommentiert habe. Für mich ist klar: Diese Menschen wollen uns einschüchtern. Und dem dürfen wir nicht stattgeben.“

Anschließend diskutieren die Experten über die Rolle sozialer Medien bei der Verbreitung extremistischer Ansichten. Frau Leutheusser-Schnarrenberger hob hervor, dass verschiedene Altersgruppen unterschiedliche Medien bevorzugen, und betonte die Herausforderungen der Regulierung von Inhalten in sozialen Medien.

Zum Abschluss betonte Frau Leutheusser-Schnarrenberger, dass Deutschland kein „Failed State“ sei und gute Chancen habe, Gewalt in der Politik zu bekämpfen. Sie betonte die Wichtigkeit von Trennung von Politik und Privatleben für Politiker und die daraus entstehende Notwendigkeit, soziale Medien verantwortungsbewusst zu nutzen.

Die Veranstaltung endete mit einem Appell zur Wachsamkeit gegenüber extremistischen Tendenzen und einem Verweis auf die kommenden Gedenkveranstaltungen zum 9. November, der Reichsprogromnacht.